Beinahe 12.000 Neuinfektionen – absoluter Rekordwert seit Beginn der Pandemie Anfang Jänner 2020.
Die Wissenschaft hat es ermöglicht – auf Grund der neuen mRNA-Technologie – Impfstoffe zu entwickeln, welche eine Immunisierung von deutlich über 70% sogar bei der Delta-Variante des Coronavirus vorweisen. Wer das nicht will, kann sich beispielsweise auch mit Vektor-Impfstoff impfen lassen, oder bald auch mit Tot-Impfstoff. Die Wahrscheinlichkeit, nicht schwer an COVID-19 zu erkranken, liegt bei all diesen Impfstoffen bei 90%.
Dennoch befinden wir uns in einer Lage, wo sich bis zum heutigen Tag lediglich 63,8% vollimmunisieren haben lassen, wir auf Grund der Virusmutation jedoch 85% brauchen würden, um die Intensivkapazitäten auf den Spitälern nicht zu überreizen. Österreich ist damit mit Deutschland klarer Nachzügler in der EU.
Es mutet etwas seltsam an, wenn man sich die Einstellung der Menschen ansieht, dass man sich zwar gegen Gelbfieber impfen lassen würde, wenn man nach Afrika gibt, aber sich nicht impfen lässt, wenn eine Pandemie gegenwärtig hier bei uns zu Gange ist. Es ist schon eine seltsame Risikoabwägung, wenn man die Folgen der Impfstoffverabreichung negativer gewichtet, als die Wahrscheinlichkeit, schwer an COVID-19 zu erkranken. Bis zum heutigen Tag sind 5,07 Mio Menschen an COVID-19 verstorben und die Zahl jener Menschen, die Long COVID haben, ist noch deutlich höher. Ich persönlich kann diese Risikoabwägung nicht verstehen.
Weitere Nebeneffekte einer Nichtimpfung sind völlig unsolidarisches Verhalten mit der Gesellschaft, indem man anderen Menschen die dringend benötigten Intensivbetten „wegnimmt“ (und durch verschobene Operationen möglicherweise deren Tod beschleunigt) und außerdem ein großer administrativer Aufwand, um der 3-G Regelung entsprechen zu können.
Natürlich gibt es Menschen, denen eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, aber das ist ein anderes Thema. Für sie sollten auch Lösungen gefunden werden.
Obwohl es in erster Linie Entscheidung jedes Einzelnen ist, sich impfen zu lassen oder nicht, so ist auch die Politik in der Pflicht. Sie befindet sich jedoch von Anfang an in einem seltsamen Zwiespalt:
Durch verfrühtes Erklären des Pandemieendes hat man möglicherweise die Durchimpfungsrate verlangsamt. Andererseits wurde BK Kurz aber auch dafür kritisiert, zu drastische Formulierungen zu verwenden („Jeder von uns wird jemanden kennen…“).
Man hat sich über das „virologische Quartett“ anfangs lächerlich gemacht, bemängelt jetzt aber die mangelnde Kommunikation und die Durchsetzungsschwäche der Regierung.
Einerseits bewirkt 2-G einen Impfboost, andererseits verweist aber auch jeder auf den erfolgreichen Weg des Burgenlandes mit seiner Impflotterie, wo man auf „positive“ Anreize setzen müsse und nicht auf Zwangsmaßnahmen. LH Doskozil ist entschiedener Gegner von Zwangsmaßnahmen, andererseits werden diese nun aber allseits gefordert (und bewirken zum Teil auch Impferfolge).
Der Aufschrei war groß, als man die Schulen zusperren ließ (nicht zu Unrecht, da die Überforderung von Eltern auch zu den Pandemiefolgen zählt). Andererseits sind Schulen nun großer Infektionstreiber.
Obstrusen Theorien von Politikern wie Herbert Kickl, wonach man Pferdeentwurmungsmittel nehmen müsse, um nicht an COVID-19 zu erkranken, werden breitflächig Raum gegeben, eine Impfgegner-Partei würde aus dem Stand ins österreichische Parlament einziehen und der Zuspruch zu diesen staatszersetzenden Bewegungen steigt Woche für Woche. Andererseits wird es als undemokratisch erklärt, wenn man Beschuldigtenrechte im Rahmen von Chat-Leaks beschützen möchte.
Nachweislich haben die erfolgreichsten Länder in der Pandemiebekämpfung zum Teil „härtere“ Maßnahmen umgesetzt, nachweislich werden diese aber bei uns im Land sofort bei erster Gelegenheit vor dem VfGH bekämpft.
In einer Zeit wie dieser ist es wahrlich schwer, dieses Land zu regieren. Am besten wäre es aber vermutlich – ähnlich wie andere erfolgreiche Länder – jetzt relativ rasch Fakten zu schaffen und jene Maßnahmen umzusetzen, die zur Eindämmung der Pandemie umgesetzt werden müssen. Möglicherweise ist die notwendige Immunisierung von knapp 85% der impfbaren Bevölkerung bereits erreicht, bevor sämtliche juristische Beeinsprungen schlagend werden.